Vom Dorfkind zum Arenakönig

Er kam, er sah – und Hannover eskalierte. Als Finch in der ZAG Arena auftrat, war das kein gewöhnliches Konzert, sondern ein zweistündiger Ausnahmezustand. Rund 8.500 Fans strömten in die Halle, viele in Fußballtrikots, bunten Kostümen oder Neonfarben – ein Publikum, das von der ersten Sekunde an bereit war, jede Grenze einzureißen.

Der 35-jährige Musiker aus Frankfurt (Oder), der einst als Finch Asozial bekannt wurde, hat den provokanten Namenszusatz längst abgelegt. Was geblieben ist, ist die kompromisslose Energie, die Mischung aus Ironie, Techno, Rap und Rock – und der unbedingte Wille, jede Bühne in ein tobendes Inferno zu verwandeln. In Hannover gelang ihm das eindrucksvoll.

Mia Julia eröffnet das Spektakel

Den Auftakt des Abends übernahm Ballermann-Star Mia Julia – und sie machte genau das, was man von ihr erwartet: Stimmung. Laut, bunt, direkt. In grellem Outfit peitschte sie die Arena mit Songs wie „Bring mich nach Hause, an den Strand von Arenal“ und „Du bist der geilste Ort der Welt“ in die richtige Stimmung.

Noch während viele Fans draußen rauchten oder an den Getränkeständen standen, tanzten und sangen die ersten Reihen bereits ausgelassen mit. Nach einer halben Stunde war klar: Der Grundstein für einen außergewöhnlichen Abend war gelegt.

Der Einmarsch des Boxers

Als das Licht erlosch, vibrierte der Boden. Finch betrat die Arena nicht von der Bühne, sondern über den Innenraum. Flankiert von Bodyguards bahnte er sich seinen Weg durch die Menge, Schritt für Schritt, wie ein Boxer auf dem Weg in den Ring. Die Fans schrien, reckten die Hände, hielten ihre Handys hoch.

Auf der Bühne angekommen, explodierte das Szenario: Flammen, Rauch, Laser, Konfetti. Finch brüllte: „Das ist ein Hip-Hop-Konzert!“ – und die ZAG Arena verwandelte sich in ein Tollhaus. Von der ersten Sekunde an war die Stimmung elektrisierend, das Publikum sprang, tanzte, sang, als gäbe es kein Morgen.

Zwischen Techno, Trash und purer Energie

Finch lebt seine Musik. Er liefert keine Show im klassischen Sinn, sondern einen Ausbruch aus Lautstärke, Witz und Chaos – präzise choreografiert und doch spontan. Songs wie „Ich scheiß auf meine Nachbarn“ oder „Kamikaze“ krachen aus den Boxen, die Menge grölt jedes Wort, Hände schnellen in die Höhe, Bierbecher fliegen.

Die Bühne ist als überdimensionaler Boxring gestaltet – Sinnbild für den Kampfgeist, der diesen Abend prägt. Finch springt, schreit, lacht, feuert an. Eine kurze Wrestling-Einlage sorgt zwischendurch für Abwechslung, bevor die Beats wieder übernehmen. Die Energie reißt nicht ab, kein Moment verliert an Druck.

Verantwortung im Ausnahmezustand

Trotz aller Eskalation behält Finch das Geschehen fest im Griff. Mehrmals unterbricht er kurz die Show, mahnt zur Vernunft, fordert Respekt ein. Er ruft Männer auf, sich ordentlich zu benehmen, und macht deutlich, dass Übergriffe bei ihm nichts verloren haben – Finch spricht es direkt auf der Bühne an, klar und deutlich.

Diese Haltung ist selten in einer Show dieser Art – sie zeigt, dass man feiern und trotzdem Verantwortung übernehmen kann. Finch bleibt echt, laut und respektvoll zugleich.

Mit SDP und „Abenteuerland“ zum Höhepunkt

Einer der großen Momente des Abends folgt, als Finch das Berliner Duo SDP auf die Bühne holt. Vincent Stein und Dag-Alexis Kopplin sorgen gemeinsam mit ihm für pure Begeisterung. Zuerst performen sie ihren gemeinsamen Song „Liebe ist…“ – laut, frech und mitreißend. Danach folgt das PUR-Cover „Abenteuerland“, das Finch und SDP auch schon bei Shows des Duos zusammen auf die Bühne gebracht haben.

Der Song, halb Hommage, halb Neuinterpretation, trifft den Nerv des Publikums. Die Menge singt jede Zeile mit, Arme gehen hoch, Lichter tanzen. Es ist dieser Moment, in dem Pop, Party und Nostalgie perfekt verschmelzen – ein Stück deutscher Musikgeschichte, neu verpackt im typischen Finch & SDP-Stil.

Zwischen Bassdruck und Gefühl

Mit „Das geht vorbei“ zeigt Finch eine ruhigere Seite. Der Song bringt für einen Moment Luft in den Abend, bevor die Beats wieder übernehmen. Auch das funktioniert: Die Fans singen, feiern, schreien weiter. Finch weiß genau, wann er den Druck hochhalten und wann er das Publikum kurz durchatmen lassen muss.

Seine Entwicklung der letzten Jahre ist unübersehbar. Spätestens seit seiner Teilnahme an „Sing meinen Song“ hat er bewiesen, dass er kein reiner Krawallmacher ist. Johannes Oerdings Version seines Songs „Tattoo“ offenbarte eine neue, reflektiertere Seite von Finch – und auch in Hannover blitzt sie immer wieder durch.

Zwei Stunden Vollgas

Über zwei Stunden lang lieferte Finch ein Konzert, das kaum Zeit zum Durchatmen ließ. Er dirigierte die Masse, ließ sie niederknien, aufspringen, klatschen, mitsingen. Immer wieder lachte er, feuerte an, provozierte – und die Fans folgten ihm bedingungslos.

Als der letzte Ton verklang und Finch im Rauch verschwand, blieb die Halle noch Minuten lang laut. Menschen lagen sich in den Armen, lachten, sangen weiter. Es war kein Konzert, es war ein Rausch – perfekt getaktet, aber mit echter Spontaneität.

Über Klischees hinausgewachsen

Finch hat in Hannover gezeigt, dass er längst über seine frühen Klischees hinausgewachsen ist. Er ist Entertainer, Musiker, Provokateur und Publikumsmagnet zugleich. Seine Mischung aus Humor, Härte und Nahbarkeit funktioniert, weil sie echt ist.

Die ZAG Arena wurde an diesem Abend zur Partyzone, zu einem Ort, an dem Energie, Musik und Gemeinschaft aufeinandertrafen. Kein kalkuliertes Spektakel, sondern pure Dynamik – direkt, ehrlich, kompromisslos.

Ein Abend, der rundum überzeugte. Die Stimmung war bombastisch, die Show präzise, laut und eindrucksvoll – Finch hat Hannover nicht einfach unterhalten, er hat es zum Beben gebracht.




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