Rückkehr in historische Kulisse

Die Zitadelle Spandau bietet an diesem Abend den passenden Rahmen für einen Auftritt, der die Bandgeschichte einfängt, ohne im Museum zu landen. Die Smashing Pumpkins bringen ihre „Aghori Tour“ nach Berlin – inklusive neuem Material, aber vor allem mit einem spürbaren Fokus auf den Neunzigern. Das Publikum bekommt genau diesen Spannungsbogen: Gegenwart mit Blick zurück.

Zögerlicher Start, spürbare Aufdrehphase

Der Einstieg wirkt bewusst nüchtern: Bühne, Licht, los. Die Band braucht einen Moment, dann lockert Frontmann Billy Corgan die Szenerie mit trockenem Humor, verweist mit ausgebreiteten Armen auf den endlich blauen Himmel über Spandau – und markiert damit den Wendepunkt des Abends. Ab hier kippt die Stimmung in Richtung Spielfreude; die Mauern der Zitadelle arbeiten mit.

Machina-Schwerpunkt und Klassikerfeuer

Auffällig in diesem Jahr: Der Set-Schwerpunkt liegt deutlich auf „Machina: The Machines of God“ – ein Werk, das live eine besondere Wucht entwickelt. Dazu gesellen sich treibende Stücke wie „Bodies“ und das düstere „Where Boys Fear to Tread“, die in dieser Kulisse eine fast greifbare Intensität entfalten. Das neue Material fügt sich organisch ein, ohne die Dynamik der Show zu bremsen.

Klangbild und Dynamik

Klanglich ist das Konzert klar auf Druck gebaut: Drei Gitarrenlagen, die sich nicht im Lauten verlieren, sondern in Wellen arbeiten. Jimmy Chamberlin hält das Fundament präzise zusammen, Jack Bates legt darüber Linien, die Platz lassen, wenn es braucht, und schieben, wenn es muss. James Iha setzt melodische Klammern, während Kiki Wong die Texturen verdichtet und fehlende Keyboardflächen gitarristisch löst – ein Detail, das dem Livesound dieser Tour hörbar guttut.

Humor, Gesten, Selbstzitate

Corgan zeigt an diesem Abend die angenehm leichte Version seines Bühnen-Ichs: kleine Seitenhiebe, Running Gags mit Iha, ein kurzer Exkurs zur Frage, was in Berlin nun „Burg“, „Schloss“ oder einfach Zitadelle ist. Dazu ein Cover-Moment aus den 80ern, der in Berlin natürlich eine zusätzliche Ebene bekommt – schmucklos angesetzt, aber schlüssig integriert. Statt Pathos: Augenzwinkern.

Zwei starke Berlin-Momente

Wer im letzten Jahr die Berliner Wuhlheide mit ihren knapp 17.000 restlos euphorischen Fans erlebt hat, weiß, dass die Pumpkins dort eine gigantische Open-Air-Show im Amphitheater-Format ablieferten. Die Zitadelle Spandau setzte in diesem Jahr jedoch einen anderen, besonderen Akzent: Die Atmosphäre war deutlich intimer, fast wie eine Clubshow unter freiem Himmel. Die Nähe zwischen Band und Publikum ließ selbst große Rocksongs unmittelbarer wirken. Auf seine Weise war dieser Abend sogar stärker – getragen von der besonderen Kulisse und einer Band, die sichtbar Spaß an diesem Rahmen hatte. Dass Billy Corgan noch immer die Energie hat, solche Touren durchzuziehen und auf der Bühne zu dominieren, ist ein Geschenk für alle, die mit dieser Band groß geworden sind.

Kompaktes, druckvolles Konzert mit Spielfreude

Die Smashing Pumpkins lieferten in der Zitadelle ein kompaktes, druckvolles Konzert – spielfreudig, pointiert und mit genug Luft für Humor. Weniger großes Theater, mehr Band im eigentlichen Sinn. Berlin bekam eine Tour-Etappe, die ohne Übertreibung auskam und genau deshalb so stark wirkte.






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